Gespräche über 4 Generationen bei Holzbau Mohr
In der Stube tickt eine Wanduhr gemächlich vor sich hin, ab und zu knarren Holzmöbel oder –dielen, der heute 93-jährige Zimmerermeister Theodor Mohr sitzt mit seinem Enkel Tobias am Tisch. Tobias teilt sich jetzt seit vier Jahren mit seinem Vater die Geschäftsführung von Holzbau Mohr. Vorsich haben die beiden ein fast vierzig Jahre altes Gruppenbild, welches genau studiert wird. Theodor Mohr hat in seinem aktiven Berufsleben, das von der Lehre mit 14 Jahren bis zur vollständigen Übergabe an seinen Sohn 76 Jahre umspannt, mit vielen Zimmerern zusammengearbeitet und sie in dem Familienbetrieb beschäftigt. Wie wenn es erst gestern gewesen wäre, weiß er jeden Namen und persönliche Geschichten seiner ehemaligen Mitarbeiter. Das Foto zeigt, wie damals der Renteneintritt eines Kollegen gefeiert wurde.
Theodor Mohr:
„Als wir auf die Rente vom Schorsch Vogler angestoßen haben, waren wir bei Holzbau Mohr ein Trupp von circa 20 Leuten, Lehrlinge noch nicht mitgerechnet. In der Spitze hatten wir 22 angestellte Zimmerer. Damals wurde noch viel per Hand oder dann mit Handmaschinen gearbeitet: 1952, also vor 72 Jahren, haben wir eine Handstemmmaschine angeschafft: Sie ist heute unser ältestes Werkzeug. Die könnte direkt ins Museum. (lacht) Kein Vergleich zu den Maschinen, die ihr heute bedient, Tobias. Ich weiß noch, als wir einmal Sparen machen mussten und mit der Handkreissäge durch das Holz fuhren. Da war das Sägeblatt zu kurz! Dann sägten wir mit dem Fuchsschwanz per Hand nach. Selbst wenn die Balken noch so dick sind, heute geht alles ganz einfach. Und auch beim Aufrichten hatte man früher viel mehr Leute. Damals war es üblich, dass der Bauherr die Nachbarn zum Arbeiten eingeladen hat, im Gegenzug gab es Essen. Die Bauzeit war trotzdem nicht übermäßig lang. Selbst bei 20 Meter langen Stallgebäuden ging es zügig voran: Wir haben vor Ort zugeschnitten, die Binder zusammengeschraubt. Während einige gleich einen Teil aufstellten, bereiteten andere das Holz entsprechend weiter vor. Aber nie in der über hundertjährigen Geschichte der Zimmerei mussten wir einen unserer Arbeiter entlassen. Manche sind in Rente gegangen, andere haben einen Hof übernommen, Kündigungen gab es bei uns nie. (lächelt stolz) Selbst in den 50ern, wo der Holzbau weniger gefragt war, konnten wir nach der schneebedingten Winterpause für genügend Arbeit sorgen und unsere Leute über den Sommer wieder anstellen. Landwirtschaftliche Bauten, Häuser, Reparaturarbeiten, neue Dächer, … wir haben immer schon alles gemacht. Einmal übernahmen wir es für einen bekannten Säger aus Röthenbach sogar, eine Halle in Essen aufzurichten. Dann sind da eben drei Mann mit dem Zug hingefahren. Und so gibt´s uns auch nach über hundert Jahren noch.“
Tobias Mohr:
„Ja das stimmt, Holzbau Mohr hat immer schon alles gemacht. Und vor allem das entsprechende Team dafür gehabt, ohne das geht´s nicht, – egal ob bei besonders anspruchsvollen Bauprojekten oder in der Zusammenarbeit mit anderen Gewerken. Früher, zu deiner aktiven Zeit, waren vor uns Zimmerern oft nur Maurer oder Säger auf der Baustelle. Heute bauen wir Häuser auch schlüsselfertig, da ist die Abstimmung mit anderen Handwerkern unabdingbar. Gerade bereiten wir drüben in der Abbundhalle ein Einfamilienhaus vor. Außergewöhnliche Wünsche unser Kundinnen und Kunden oder besondere Bauten sind für Holzbau Mohr seit jeher Herausforderungen, kreativ zu werden. Am Ende findet sich immer eine gute Lösung und wir sehen, was wir geleistet haben.“
Theodor Mohr (blickt aus dem Fenster und schmunzelt vor sich hin):
„Wie damals beim Bau der Falkenhütte am Hochgrat. Das Holz wurde unten geschlagen, aber der Transport hinauf zum Bauplatz war sehr schwierig. Nicht einmal ein Unimog mit Vierradantrieb schaffte es, diesen Weg zu passieren, sondern ist im Dreck stecken geblieben. Da blieb nur eins: Eine selbst gemachte Seilbahn. So konnten wir das Material nach oben transportieren und die Falkenhütte aufrichten.“ Und wie ist es heute für den betagten Seniorchef, wenn bei Holzbau Mohr die Reihe an den Jungen ist und die Zimmererarbeit andere, neue Herausforderungen mit sich bringt?
Theodor Mohr schaut seinen Enkel an und lacht:
„Das musst du doch wissen.“
Tobias Mohr (erwidert den Blick seines Opas lächelnd):
„Ich finde es sehrschön, dass es immer weiter geht mit unserer Zimmerei – von deinem Vater, über dich zu meinem Vater und jetzt zu mir. Und dass wir eine gute Beziehung zu unseren Kundinnen und Kunden haben. Da habe ich viel von dir gelernt, schon von Kind auf.“ Dann beugen sich die beiden über andere Schwarz-Weiß-Fotografien – von ehemaligen Bauprojekten, großen Hallen mit Dreigelenkrahmen, und fachsimpeln über die Abstände von Bindern und Pfetten.